Interview mit Prof. Dr. Bernd Irlenbusch
Die zurückliegende Diskussion über Verfehlungen von einzelnen Manager_innen während der Finanzkrise ist eine typische Diskussion über fehlende soziale Verantwortung und die Maximierung des monetären Eigennutzens auf Kosten der Gesellschaft. EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier bringt es im September 2010 in einem Interview in der „Zeit“ auf den Punkt: „Banker haben sich unverantwortlich, unmoralisch und unethisch verhalten.“ Wie ist aber ein solches Verhalten erklärbar? Unter welchen Organisationsbedingungen findet dies statt? Und wie lässt es sich vermeiden? Mit solchen Punkten setzt sich die Forschungsrichtung der Wirtschaftsethik auseinander. Die noch relativ junge Disziplin versucht ethische und moralische Prinzipien auf den Bereich des wirtschaftlichen Handelns anzuwenden. Im englischsprachigen Raum ist das Thema Wirtschaftsethik weitaus populärer als in Deutschland. Bedeutende Business Schools wie Harvard und Stanford, besitzen schon seit den 70er Jahren Wirtschaftsethiklehrstühle. Ethische Fragestellungen wurden bislang in wirtschaftlichen Fächern an der Universität zu Köln eher wenig beachtet. Immerhin durften sich Gesundheitsökonom_innen über Lehrveranstaltungen zum Thema „Ethik des Gesundheitswesens“ freuen. Prof.’in Dr.’in med. Christiane Woopen, die auch Mitglied des Deutschen Ethikrats ist, diskutiert hierbei mit Studierenden beispielsweise grundlegende Gerechtigkeitsfragen und diskussionswürdige Themen, wie die Priorisierung von medizinischen Leistungen. Betriebs- und Volkswirt_innen hatten lange Zeit keine äquivalente Möglichkeit in Lehrveranstaltungen ethische und moralische Fragestellungen zu behandeln. Studentische Organisationen wie PEUK und Oikos engagieren sich deswegen außerhalb vom regulären Lehrangebot und bieten eigene Veranstaltungen an. Wiederholt forderten die Gruppen auch gegenüber dem Dekan der WiSo-Fakultät, die Schaffung eines Wirtschaftsethiklehrstuhls. Zum Sommersemester 2010 folgte eine Positivmeldung, die auch campus:grün köln freute. In Folge eines Berufungsverfahrens wurde der umbenannte, um Wirtschaftsethik ergänzte, Lehrstuhl für „Allgemeine Betriebswirtschaftslehre Unternehmensentwicklung und Wirtschaftsethik“ geschaffen. Lehrstuhlinhaber ist seitdem der Informatiker, Betriebs- und Volkswirt Prof. Dr. Bernd Irlenbusch. Seine Promotion schrieb er unter Betreuung von Reinhard Selten, dem bekannten Spieltheoretiker und einzigem deutschen Ökonomie-Nobelpreisträger. Zuletzt war er Reader an der renommierten London School of Economics. Weiterlesen
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