Was bewegt unser Handeln in der Gesellschaft? Wie kommt unser Verhalten zu Stande? Ein gängiges psychologisches Erklärungsschema ist, dass sich Handeln aus Einstellungen ableitet und durch Verstärker modifiziert und aufrechterhalten wird. Bei umweltfreundlichem Verhalten hat sich jedoch gezeigt, dass verstärkende Anreize nur so lange wirken, wie sie auch präsent sind. Eine langfristige Verhaltensänderung stellt sich nicht ein. Gerade im Bereich des Umwelt- und Klimaschutzes scheint unser Handeln nicht so einfach zu erklären zu sein und oft handeln wir unserem Wissen entgegen, sei es aus Bequemlichkeit, Vergesslichkeit oder Resignation. Wir leben in einer Zeit, in der die Warnungen von Expert_innen stetig lauter werden. Wenn wir unser Klima und unsere (Um-)Welt retten wollen, muss unsere Generation Verantwortung übernehmen und konsequent umweltbewusst handeln – weltweit. Der Alltag sieht anders aus. Was sind Prädiktoren für umweltbewusstes Handeln im Alltag? Diese Frage haben Auhagen und Neuberger¹ am Umweltverhalten einer Gruppe von Student_innen untersucht. In Anlehnung an eine Theorie der Verantwortung von Hans Jonas untersuchten sie den Einfluss der drei Komponenten „Sollen“ – normative Überzeugung sich umweltfreundlich zu verhalten; „Wollen“ – emotionales Bedrohungsempfinden, das veranlasst sich umweltbewusst zu verhalten; und „Können“ – Handlungsalternativen für umweltbewusstes Verhalten und Vorliegen umweltpolitischer Einflussmöglichkeiten. Für die Sollens- und Wollenskomponenten fanden sich positive Zusammenhänge zu umweltbewusstem Handeln im Alltag, nicht jedoch für die Könnenskomponente. Den größten Einfluss hatte das Sollen, also die normative Einstellung gegenüber der Umwelt. Zusammen mit dem Angsterleben gegenüber Umweltzerstörung scheint sie ein Prädikator für umweltfreundliches Handeln zu sein.

Was ist also das Problem? Ein Mangel an moralischer Verpflichtung gegenüber unserer Umwelt und eine zu große emotionale Distanz? Natürlich sind dies nur Befunde einer älteren Studie mit recht kleiner Stichprobe. Trotzdem lohnt sich die Frage, welche Hindernisse normativer Verpflichtung und emotionaler Betroffenheit im Wege stehen könnten. Die Problematik, sich umweltbewusst zu verhalten, ruht auch auf den komplexen Distanzverhältnissen. Es liegen keine einfachen Ursache-Wirkungs-Verhältnisse vor, die wir wahrnehmen können. Dies liegt zum einen an der Komplexität unseres Ökosystems und zum anderen an der schwer greifbaren räumlichen und zeitlichen Distanz der Konsequenzen unseres Handelns. Deswegen können wir auch keine direkte „Schuldzuschreibung“ vornehmen und müssen Verantwortung gegenüber der Umwelt als kollektive Verantwortung begreifen.

Zudem liegt hier ein klassisches Kollektivgüter-Dilemma vor, bei dem aus einem begrenzten Pool kollektiver Ressourcen geschöpft wird. Es handelt sich hierbei um ein soziales Dilemma, bei dem die vorteilhafteste Handlung für die/den Einzelne_n, wenn von allen gewählt, sich für alle Beteiligten schädlich auswirkt. Die Einzelnen wählen die für sie kurzfristig vorteilhafteste Handlung, das heißt den Konsum, die Ressourcenverschwendung etc.. Aggregiert man diese Handlungen auf, tragen alle einen Schaden davon. Wenn wir nicht kollektiv schonend mit Ressourcen umgehen, werden die Folgen verheerend sein. Solange wir jedoch einen individuellen Nutzen davon tragen nicht zu verzichten, ist es schwer dies zu tun. Vor allem, wenn wir das Gefühl haben, dass andere dies auch nicht tun, da keine sogenannten deskriptiven Normen, die Wahrnehmung, dass dieses Verhalten von anderen gebilligt wird oder nicht, dagegen sprechen. Mehr Beispiele umweltbewussten Verhaltens im Alltag würden hier ihren Teil tun. Sei es umweltbewusstes Verhalten von Personen der Öffentlichkeit oder Regularien der Universität zum Umweltschutz wie beispielsweise eine Solaranlage auf der Mensa, die aufmerksam macht, dass es sozial anerkannt und sinnvoll ist Strom aus erneuerbaren statt konventionellen Energien zu beziehen.

Es ist nur allzu menschlich und psychologisch durchaus sinnvoll, nicht in konstanter Angst vor der Zerstörung des Planeten zu leben. Problematisch ist es jedoch, wenn zum Schutze des eigenen Gewissens und der angenehmen Empfindung jegliche Reflexion über Konsequenzen unseres Handelns für die Weltbevölkerung, nachfolgenden Generationen aber auch unsere persönliche Lebensqualität in einigen Dekaden oder vielleicht auch Jahren ausgelassen wird. Wenn das Verantwortungsbewusstsein ein wesentlicher Prädikator für umweltbewusstes Verhalten ist, muss mehr Information, aber auch vor allem Diskussion darüber im öffentlichen Raum stattfinden, um diese kollektive Verantwortung auch begreiflich zu machen und Handlungen anzuregen.

(von Maruschka Schmitz)

¹ Auhagen, A. E. & Neuberger, K. (1994). Verantwortung gegenüber der Umwelt: Eine Studie über umweltbewusstes Handeln. Gruppendynamik 26 (3), S. 319-332.