Otto Depenheuer und seine zweifelhafte Habilitationsschrift

Während des NS-Regimes ebneten Juristen den Weg zum Naziunrecht beispielsweise durch Rechtsumdeutung oder das außer Kraft setzen des Analogieverbots im Strafrecht. Einer, der diese Schritte ganz maßgeblich vorantrug, war Carl Schmitt. Zwar ist die Rolle Carl Schmitts in der Rechtswissenschaft bis heute umstritten, jedoch war er es, der von seinem eigenen Schüler als „Kronjurist des Dritten Reiches“ bezeichnet wurde. Zudem gilt seine „Lehre vom konkreten Ordnungsdenken“ bis heute als Begründung des so genannten Führerprinzips.

Lange Zeit sah es so aus, als hätte auch die juristische Fakultät der Universität zu Köln ihre dunkle Vergangenheit hinter sich gelassen. Doch schon seit längerem scheint es, dass Otto Depenheuer, seines Zeichens Professor für Staatsrecht (u.a. Grundrechte und Rechtsphilosophie), sich rechten Gedankenmustern, wie eben denen Carl Schmitts bedient, um seine „Lehre(n)“ zu rechtfertigen. Depenheuer war schon 2007 als Schäubles Nachtlektüre bekannt geworden.1 Seine staatstheoretischen Ansätze finden Anklänge an die „Feindtheorie“ Carl Schmitts. Der so titulierte „Feind“, in diesem Sinne der Terrorist, solle im Staat entschieden bekämpft werden.

Darauf stützte sich auch Innenminister Schäuble, der es bis zum legalisierten Flugzeugabschuss durch das Luftsicherheitsgesetz trieb. Die vom Bundesverfassungsgericht gerügte Verletzung der Menschenwürde der Unbeteiligten versuchte Depenheuer mit dem Gedanken des „Bürgeropfers“ zu rechtfertigen. Jüngster Fall einer kritischen Publikation war Depenheuers Habilitationsschrift „Solidarität im Verfassungsstaat“. Nicht wie normal unverzüglich, sondern ganze 19 Jahre später veröffentlichte Depenheuer seine Habilitation als book-on-demand, mit welcher er sich 1990 in Bonn habilitiert hatte. Insbesondere der Umstand, dass Prof. Horst Jakobs zeitgleich eine verheerende Rezension dieses Werkes veröffentlichte, machte die Sache publik.2 Nicht nur, dass Depenheuer indirekt die Habilitationswürdigkeit abgesprochen wird (S. 10), sondern vielmehr die inhaltlich dezidierte Auseinandersetzung Jakobs mit der Habilitation machen den Aufsatz so lesenswert.

Jakobs arbeitet heraus, dass Depenheuer als „reales Substrat des Staates“ das Volk sieht. In der Frage, was unter einem Volk zu verstehen ist greift Depenheuer auf den „Deutschen“ Begriff zurück. Zitat: „Die Nation basiert auf einem ethnischen, durch Fortpflanzungsgemeinschaft gekennzeichneten Volksbegriff. Der Genosse ist also der Bruder, mit dem ich den Vater gemeinsam habe.“ Oder wie Jakobs sagt – der Volksgenosse. Unabhängig davon, wie man solche Äußerungen bewerten mag, erscheint es kaum tragbar einen Satz wie die „…unvermeidbare Katastrophe von 1945…“(S. 303 der Habilitation) zu publizieren. Gerade die Studierendenschaft der juristischen Fakultät, deren Fachschaft eingeschlossen, sollte in Zukunft solchen Äußerungen und Publikationen
entschlossener entgegentreten.

1 http://www.zeit.de/2007/33/Schaeubles_Nachtlektuere?
2 Sehr lesenswert: Jakobs, myops 8/2010, S. 4 ff.

Kata Strophe

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Cen Sorious

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