Zivilklausel in die Grundordnung der Hochschule
Eine Zivilklausel verpflichtet Hochschulen nur für friedliche Zwecke zu forschen, also keine Forschung für Rüstungsunternehmen und das Militär durchzuführen, sowie nicht mit diesen zu kooperieren.
Bundesweit gibt es im Moment in vielen Städten Initiativen für Zivilklauseln an Hochschulen. Auch an der Uni Köln gibt es seit dem Sommersemester 2010 den Arbeitskreis Zivilklausel. Gegründet wurde dieser Arbeitskreis nachdem das Studierendenparlament entschieden hat, dass der Einsatz für eine Zivilklausel auch an der Uni Köln zu den Zielen der Verfassten Studierendenschaft gehören soll. Der Arbeitskreis ist offen für alle Student_innen und hat alle Fraktionen des Studierendenparlaments eingeladen, die Zivilklausel als gemeinsames Anliegen vieler Menschen an der Universität zu etablieren. Zunächst soll der Arbeitskreis in Zusammenarbeit mit dem Wahlausschuss und in Absprache mit dem Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) eine Abstimmung zur Zivilklausel in der Student_innenschaft vorbereiten. Dabei soll einerseits ein Votum aller Student_innen eingeholt werden und zweitens verhindert werden, dass der Wunsch nach einer Zivilklausel als Minderheitenmeinung abgetan wird.
Der genaue Text der Abstimmung wird lauten: Ich spreche mich dafür aus, dass folgender Passus in die Grundordnung der Universität zu Köln in den Paragraphen 2 „Hochschulaufgaben“, Punkt 1, aufgenommen wird: „Die Universität wirkt für eine friedliche und zivile Gesellschaftsentwicklung. Sie ist selbst eine zivile Einrichtung, betreibt keinerlei Militär- oder Rüstungsforschung und kooperiert nicht mit Einrichtungen des Militärs oder der Rüstungsindustrie.“
Die Idee der Zivilklauseln kommt aus den Erfahrungen des Nationalsozialismus. Gerade die Universitäten haben sich sehr schnell gleichschalten lassen oder sich bereits vorher freiwillig in den Dienst der Nationalsozialisten gestellt. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges sollte nie wieder Krieg von Deutschland ausgehen, weswegen eine Demilitarisierung stattfand. Im Zuge des Kalten Krieges wurde diese jedoch nicht mehr aufrecht erhalten. BRD und DDR rüsteten wieder auf. Was jedoch erhalten blieb, waren Zivilklauseln für Kernforschungszentren. Der Konsens, dass keiner der beiden deutschen Staaten Atomwaffen besitzen sollte, blieb bestehen.
Heute findet wieder eine Militarisierung der Gesellschaft statt. In Schulen und Arbeitsämtern wird für den Dienst an der Waffe geworben, es finden öffentliche Gelöbnisse statt und für Deutschland zu sterben soll mit einer Medaille belohnt werden. Die Bundeswehr stellt sich als ganz normaler Arbeitgeber vor und Kriege zu führen ist wieder Alltag geworden.
Dieser generelle Trend macht natürlich auch vor den Universitäten nicht halt. Es gibt einen großen Umsatz an Drittmitteln für gezielte Rüstungsforschung, aber auch für so genannte „dual use“ Technologien. Das sind solche, die offiziell zu zivilen Zwecken erforscht oder gebaut werden, später aber zu militärischen Zwecken eingesetzt werden können.
Dies überträgt sich natürlich auch auf die Lehre: Statt Studiengänge zu stärken, die sich mit Friedensforschung beschäftigen, wurde an der Uni Potsdam der Studiengang „military studies“ gegründet. Um diesem Trend etwas entgegen zu setzen, können Zivilklauseln ein gutes Mittel sein.
Auch an der Uni Köln und ihrem Umfeld finden Kooperationen mit dem Militär und mit Rüstungsunternehmen statt. Einen genauen Überblick darüber gibt es jedoch leider noch nicht. Zuletzt wurde einer Anfrage der studentischen Senatoren im Senat nicht stattgegeben. Es sei nicht die Aufgabe des Senats oder des Rektorats, zu koordinieren, in welchen Bereichen geforscht wird, weswegen dem Senat auch keine Informationen gegeben werden können. Weiß hier die eine Person nicht, was die andere tut oder wird versucht zu verschleiern, an welchen Stellen es Kooperationen gibt, die kritisch zu sehen sind?
Dies ist eine sehr starke Paralelle zu den Geheimverträgen, die die Uni mit dem Bayer-Konzern hat. Auch diese werden trotz Informationsfreiheitsgesetz und Intervention des Landesdatenschutzbeauftragten von Nordrhein-Westfalen, Ulrich Lepper, nicht offen gelegt. Das Informationsfreiheitsgesetz sichert eigentlich allen Bürger_innen zu, Zugang zu amtlichen Akten zu erhalten. Aber es ist ja nicht das erste Mal, dass die Uni Köln geltendes Recht bricht. Argumentiert wird von Uni-Seite mit der Wissenschaftsfreiheit, die der Informationsfreiheit vorgezogen wird. Fraglich ist jedoch, wie es Wissenschaftsfreiheit geben kann, wenn sich die Wissenschaft in den Dienst von Drittmitteln stellt. Echte Wissenschaftsfreiheit gibt es nur fernab von ökonomischen Interessen, was nur durch ausreichende Transparenz gewährleistet werden kann. Die Uni-Leitung widerspricht sich also in ihrer eigenen Argumentation.
Bisher ist bekannt, dass an der Uni Köln über die Auswirkungen von Senfgas geforscht wurde und dass es kleinere Kooperationen an der Humanwissenschaftlichen Fakultät mit dem achtgrößten europäischen Rüstungsunternehmen Rheinmetall gibt. Hier geht es um die Integration von Menschen mit Behinderungen auf den sogenannten „ersten Arbeitsmarkt“. Was sozial klingt, kann auch anders gesehen werden. Es geht darum, billige Arbeitskräfte zu generieren, die Panzer zusammenschrauben. Dass dabei durch „soziale Unternehmensführung“ das Image aufgebessert wird, ist natürlich ein willkommener Nebeneffekt. Nur sind Kooperationen mit der Humanwissenschaftlichen Fakultät nicht die erste Priorität, für Rüstungsunternehmen, die an der Uni Köln aktiv werden, sondern werden nebenbei mitgenommen. Entscheidendere Kooperationen dürften an anderen Fakultäten stattfinden. Doch die Militarisierung findet nicht nur in der Forschung, sondern auch in der Lehre statt. So wurde an der Uni Köln das Planspiel Pol&Is entwickelt, welches mitlerweile an vielen Hochschulen, vor allem jedoch an weiterführenden Schulen eingesetzt wird, um Werbung für die Bundeswehr zu machen und diese zu normalisieren. Andere Ebenen der Zusammenarbeit der Uni Köln mit Rüstungsunternehmen und Militär gilt es noch aufzudecken. Der Arbeitskreis Zivilklausel hat schon einige Schritte eingeleitet, die mittelfristig hoffentlich zum Erfolg führen werden. Auch an der FH Köln und der Sporthochschule fließen hohe Summen. Die Sporthochschule erhielt im Jahr 2007 alleine 810.000 € für verschiedene Projekte, zum Beispiel wurde die körperliche Belastung und die Ermüdung während einsatztypischen Überwachungsaufgaben erforscht. Wenn es gewünscht ist, dass die Soldat_innen ans Limit gehen, ist dies ein wichtiger Faktor. Daher ist es zu wünschen, dass sich der Einsatz von Zivilklauseln auch auf weitere Hochschulen ausweitet.
Im Moment stehen die Chancen zur Einführung von Zivilklauseln nicht schlecht. An vielen anderen Hochschulstandorten gibt es erste Erfolge gegen militärische Forschung zu verzeichnen. Am neu geschaffenen Karlsruher Institut für Technologie (KIT), das nach der Fusion von der Uni Karlsruhe mit dem Kernforschungszentrum entstand, gab es eine Abstimmung unter den Student_innen, bei der sich eine große Mehrheit für eine Zivilklausel aussprach. Das ist umso bemerkenswerter, da es sich um eine Technische Hochschule handelt. An der Uni Tübingen gibt es seit dem Wintersemester 2009/10 einen Senatsbeschluss, der die Zusammenarbeit mit militärischen Einrichtungen verhindern soll. Hier wurde sich einer wichtigen Forderung aus dem baden-württembergischen Bildungsstreik angeschlossen. Auch in Hessen und Niedersachsen gibt es Initiativen, die sich mit der Einrichtung von Zivilklauseln befassen. Neben einigen Hochschulen, die bereits Verpflichtungen zur zivilen Forschung und Lehre haben, macht dieser Einsatz Mut, dass es auch in Köln bald soweit sein könnte.
Was aber natürlich klar sein sollte, ist, dass gerade in Zeiten, in denen an den Hochschulen gespart wird, immer die Gefahr besteht, dass eine Zivilklausel umgangen wird, um an Drittmittel zu kommen. Daher müssen Mechanismen geschaffen werden, wie dies verhindert werden kann. Hier wäre die Einrichtung von paritätisch besetzten Kommissionen vorstellbar, die zumindest größere Forschungsvorhaben auf ethische Grundsätze prüft. Damit diese Kommissionen ein Vetorecht haben, muss natürlich auch das Landeshochschulgesetz geändert werden.
Der Auftakt sollte für uns jedoch sein, aufzuklären, um im Dezember ein gutes Ergebnis bei den Abstimmungen zur Zivilklausel zu erreichen. Daher fordern wir alle Student_innen auf, bei der anstehenden Abstimmung für die Zivilklausel abzustimmen.
(von Jonas Thiele und Ralf Lüth)
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