Gegen die Unicard

Pünktlich zur Wahlkampfzeit gibt es jedes Jahr wieder die Forderung von RCDS, LHG, Unabs und Co. nach einer „Unicard für alles“. Diese soll den Student_innenausweis ablösen und gleichzeitig als Kopierkarte, Mensazahlungsmittel, Bibliotheksausweis, Semesterticket, Prüfungsanmeldung usw. ersetzen. In der Theorie ist eine solche Vorstellung natürlich verlockend. Ein Blick auf die verschiedenen Umsetzungen zeigt, dass es überall viele Probleme gibt, die eine solche Karte für uns untragbar machen.

Initiativen zu diesem Thema im Studierendenparlament gab es, zumindest in den letzten drei Jahren, allerdings nicht. Dass die Unabs, obwohl sie seit 10 Jahren im AStA sind, konzeptlos mit der Unicard auf Stimmenfang gehen, lässt tief blicken und nicht gerade auf ein tragfähiges Konzept hoffen.

Eine große Anzahl an Problemen würde selbst im Falle einer idealen Umsetzung auftreten. Gleichzeitig aber wird das Chipkartensystem natürlich nicht vom Studierendenparlament oder gar von einzelnen Hochschulgruppen eingeführt, sondern vom Rektorat. Das Rektorat, das nicht gerade für Sensibilität für die Probleme der Student_innen bekannt ist, wird versuchen eine möglichst günstige oder sogar gewinnbringende Variante zu erreichen. Wir könnten uns also auf eine werbeverseuchte, student_innenunfreundliche Unicard einstellen.

Aktuelle Lösungen setzen auf zwei unterschiedliche Chips, um den vielfältigen Ansprüchen gerecht zu werden. Einerseits wird ein per PIN verschlüsselter Chip eingesetzt, um die persönlichen Daten der Student_innen zu speichern. Ein zweiter Chip ist mit RFID (Radio Frequency Identification) ausgestattet. Diese Technik, die etwa auch bei den neuen Reisepässen eingesetzt wird, erlaubt die kontaktlose Überwachung per Funk. Der Mifare-Classic-Chip, der in den meisten Universitäten in NRW zum Einsatz kommt, ist längst geknackt. Anleitungen hierzu finden sich zuhauf im Internet. Auch das Knacken des zweiten Chips kann nur eine Frage der Zeit sein.

Zusätzlich erlaubt es der RFID-Chip, genaue Bewegungsprotokolle aller Student_innen zu erstellen. Und zwar nicht nur von der Universitätsleitung, was ja schon schlimm genug wäre, sondern von jeder Person, die das nötige technische Gerät hierzu erwirbt. Weitere Probleme ergeben sich aus der Anerkennung der Karte bei anderen Stellen als der Uni. Die Verkehrsverbünde und auch weitere öffentliche Stellen, wie etwa Museen, erkennen die Chipkarten nicht an, da auf den Karten kein Verfallsdatum abgedruckt ist. Würde man allerdings jedes Semester eine neue Karte (mit neuem Verfallsdatum) ausgeben, wäre jegliche Praktikabilität verloren. Als Ergebnis müssen die Student_innen an den Universitäten mit Unicards in NRW derzeit zusätzlich eine Studienbescheinigung für Museen und ein separates A4-Blatt für das NRW-Ticket mit sich führen.

Auch die zunehmende Privatisierung von Leistungen an der Universität würde die Verhandlungen zur Unicard erschweren. Der Kopierdienst wurde unlängst an eine externe Firma verkauft, mit der eine Lösung zur Trennung der verschiedenen Dienste gefunden werden müsste. Dort würden dann wieder große Probleme beim Datenschutz aufgeworfen.

Es gibt also viele Gründe die gegen eine Karte für alles sprechen. Auch den Unabs sollten diese bekannt sein. Hoffen wir, dass sie es irgendwann einsehen, dass billiger Populismus den Anliegen der Student_innen eher schadet als nutzt.

Fabian Kaske

4 Kommentare

  1. Fjodor F. Fjodor

    Wenn ich das richtig verstehe, sind die Grünen gegen die Unicard weil es Probleme bei der Umsetzung geben könnte?
    Darf man daraus schließen, dass die Hochschulgruppe Campus:Grün gegen das Prinzip der Demokratie ist, weil es zum Teil Schwierigkeiten bei der Umsetzung dieses Prinzips gibt? Natürlich völliger Unsinn, aber ist es nicht einfach ein Zeichen von Faulheit, ein Projekt abzulehnen bevor überhaupt ernsthaft darüber nachgedacht wurde, wie aus obigem Text zu schließen ist?

    Die Argumente, dass ein Chip geknackt werden könnte, und dass das Rektorat private Unternehmen ins System einbinden könnte, sprechen dafür.
    Mal davon abgesehen würde eine genaue Bewegungserfassung per RFID mehrere hunderte Milliarden Euro kosten, und dies ist sicherlich NICHT ein Betrag, den die Unileitung oder selbst der Bund ohne weiteres aufbringen könnte…

    „Das Rektorat, das nicht gerade für Sensibilität für die Probleme der Student_innen bekannt ist, wird versuchen eine möglichst günstige oder sogar gewinnbringende Variante zu erreichen.“ Ich wusste nicht, dass die Hochschulgruppe Campus:Grün für Defätismus anfällig ist.

    Das Rektorat hat wahrlich nicht immer die Ansichten der Studenten berücksichtigt. Aber die Vorstellung eines ach so modernen Systems wie die Multicard wird auch für das Rektorat verlockend sein, da es das Ansehen der Uni steigert und sie das Geld der Studiengebühren sinnvoll investieren können anstatt es zu verplempern.

    Ohne etwas unterstellen zu wollen liegt die Überlegung nahe, dass die Hochschulgruppe Campus:Grün eine sinnvolle Nutzung der Studiengebühren verhindern will, um dann gegen den Erhalt von Studiengebühren argumentieren zu können, diese seien ja nicht sinnvoll eingesetzt…Das Geld sind die Studenten leider schon los. Die Hochschulgruppe Campus:Grün sollte dafür kämpfen dass es auch für die Studenten eingesetzt wird.

    Hochachtungsvoll,

    Fjodor F. Fjodor

  2. fabian

    Hallo Fjodor,
    wie du plötzlich auf das Thema Studiengebühren kommst ist mir vollkommen schleierhaft. Dieser Text beschäftigt sich nämlich überhaupt nicht mit den finanziellen Aspekten des Unterfangens und schon gar nicht aus welchen Töpfen diese Mittel dann kommen sollen.

    Wie dem Text zu entnehmen ist, sehe ich das ganze nicht als ‚Projekt‘ an, sondern als populistische Wahlkampfmasche. Denn geschehen ist seit Jahren nichts in die Richtung.

    Natürlich ist nicht damit zu rechnen, das das Rektorat morgen beschließt Bewegungsprotokolle aller Student_innen anzulegen. Aber die theoretische Möglichkeit, auch über die Uni hinaus, könnte für andere Akteure durchaus interessant sein. Der Verwaltungsaufwand für wenige ausgesuchte Student_innen wäre zusätzlich schon deutlich geringer.

    Die Verantwortung für die Umsetzung des Projektes wird nicht beim AStA liegen, sondern an der Univerwaltung (der das Rektorat vorsteht). Diese wird ’natürlich‘ nach
    ‚wirtschaftlichen‘ Gesichtspunkten über die Ausgestaltung der Karte entscheiden. Das heißt das diese mit Werbung verknüpft wird (es gibt Beispiele wo es die Unicard nur gemeinsam mit dem Girokonto einer Bank gibt), und natürlich nach Möglichkeiten zur weiteren Vermarktung der gesammelten Daten über die Student_innen geschaffen werden sollen. Um das abzusehen muss man nicht sehr pessimistisch veranlagt sein.

    Viele Grüße,
    Fabian

  3. jan

    hi
    ist der titel nicht falsch gewählt
    nicht „gegen die unicard“
    sondern „gegen die probleme die es geben könnte“

    und probleme kann man lösen
    egal wie kompliziert sie sind

    insgesamt wäre eine einheitskarte doch eine super idee

  4. Lucky

    ich wollt hier nur mal auf die „thoska“ karte der uni jena verweisen, das ist auch so ne karte für alles. ich muss sagen, ich fand sie sehr praktisch. auf jeden fall bedeutet es weniger papier (semesterticket/stud.bescheinigungen/etc), was ja auch schonmal gut wäre. und man kann mit der thoska-karte in verbindung mit dem lsf – sowas wie klips nur wesentlich besser, natürlich – alle möglichen sachen (zb stud.besch.) zuhause ausdrucken anstatt immer ins sekre rennen zu müssen.
    wenn die uni so etwas anstrebt, muss denke ich auch nicht umbedingt gegeben sein, dass das mit einer bank verknüpft wird, die werden nämlich so etwas nich durchkriegen, nich mal bei irgendwelchen politikern. aber die einführung der karte bedarf natürlich guter planung und da ist köln ja noch nie gut drin gewesen. man denke dabei bspw. an die einführung der neuen kopierkarten, wo alle anderen mit ihren alten kopierkarten ihr geld nicht zurückbekommen haben, wenn da noch etwas drauf war…
    also an sich fänd ich die karte nicht schlecht aber ich zweifele auch so ein bisschen an, dass die uni köln zu so etwas fähig ist.

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