aktuelle piranha-Termine

Am kommenden Freitag (16.4.) veranstaltet Pyranha einen Kurzfilmabend zum Thema „Freiraumbewegungen in Theorie und Praxis“. Gezeigt werden ausgewählte filmische Kleinode zu Freiraumaktionen aus Deutschland und Europa – mal witzig, mal ernst, aber immer inspirierend. Danach soll über die praktische Relevanz für Pyranha und Freiraumbewegungen allgemein diskutiert werden.
Im Anschluss laden wir zum feucht-fröhlichen Verweilen mit Fischfutter und Pyranha-DJs ein!

Freitag 16.4., 18.00 Uhr
Trash Chic (Kneipe), Wiersbergstraße 31, Kalk
U 1&9 Kalk-Kapelle

K O M M U N I Q U E # 1

„Autonomes Zentrum – Das ist mir eine Herzensangelegenheit!“ – mit dieser Aussage reagierte der Oberbürgermeister Jürgen Roters auf die Forderung nach einem autonomen, selbstverwalteten Raum für Kunst, Kultur und Politik in Köln. Während der Wahlkampfperiode 2009 stattete eine Delegation der „Kampagne Pyranha für ein autonomes Zentrum *mit Tanzfläche“ den Ratsfraktionen der Stadt Köln einen Besuch ab, um ihrer Forderung nach einem solchen Zentrum Nachdruck zu verleihen. Rund 200 Kölner Politiker_innen wurden zuvor per Brief um Unterstüzung gebeten, das Anliegen ins Parlament zu tragen, offizielle Antworten gab es darauf jedoch kaum. Hingegen wurden die Bestrebungen, das Anliegen der Kampagne Pyranha nach einem selbstverwalteten Raum in
die Öffentlichkeit zu tragen, meist mit Polizeigewalt beantwortet.

Hintergrund des Projektes ist die Schließung der Schnapsfabrik im Dezember 2008, die eben einen solchen selbstverwalteten Raum in Köln-Kalk bot. Das leerstehende Fabrikgebäude wurde von mehreren Menschen angemietet. Schnell wurde es mit Leben gefüllt, so dass es sich zu einem selbständigen sozialen Projekt entwickelte. So diente die ehemalige Schnapsfabrik im Zuge der Gegenaktivitäten zum sog. „Anti-Islamisierungs-Kongress“ als Convergence Center, von dem aus die erfolgreiche Blockade dieser rassistischen Pro Köln Veranstaltung unterstützt und organisiert wurde. Bereits nach neun Monaten wurde die Schnapsfabrik von der Stadt Köln aus willkürlichen Gründen geschlossen und der Abriss der Immobilie vorbereitet.

Die ehemaligen Nutzer_innen der Schnapsfabrik gründeten die Kampagne Pyranha um ein geeignetes Gebäude für autonome Kunst, Kultur und Politik zu erstreiten. Die Kampagne Pyranha verschaffte sich bislang auf vielfältige Weise Gehör. So organisierten Aktivistinnen und Aktivisten der Kampagne kreative Aktionen im Rahmen eines Autonomen Kulturprogramms: Improvisationstheater am Dom, Gaumenkino am Brüsseler Platz oder Umsonst-Flohmarkt in der Neumarkt-Gallerie, Autonomes Veedelfest in Kalk und vieles mehr. Autonom bedeutet in diesem
Sinne: selbst die Initiative zu ergreifen, unabhängig von Parteipolitik zu sein, bewußt den kapitalistischen Alltag zu stören und Mißstände kreativ anzugreifen. In einer Veranstaltungsreihe wurde eine inhaltliche Auseinandersetzung beschritten, um Themen wie alltäglichen Rassismus, Sexismus, Antisemitismus, Homophobie und vieles mehr kritisch zu behandeln, um für Verantwortung und einen bewussten Umgang miteinander zu sensibilisieren. Die Idee eines autonomen Zentrums wurde auch bereits praktisch im Rahmen einer Wochenendbesetzung erfolgreich ausprobiert.

Offensichtlich wird es nicht gern gesehen, wenn sich Menschen politisch engagieren und sich auf die Suche nach Alternativen jenseits von kapitalistischer Verwertungslogik und autoritären Strukturen machen, denn häufig wurden die Aktionen durch polizeiliche Gewalt beendet. Auf das Verschenken von gebrauchten Waren aller Art in der Neumarkt Galerie reagierte die Polizei, indem sie 50 Besucher_innen des Flohmarktes mehrere Stunden lang in einem Kessel festhielt. Personalien wurden festgestellt, es folgten Anzeigen.

Solche Zustände sind in Köln keine Seltenheit. Während der Gegenproteste zum sogenannten “Anti-Islamisierungs-Kongress“ der selbsternannten „Bürgerbewegung Pro Köln“ wurden 400 Demonst-
rant_innen, darunter viele Jugendliche, mehrere Stunden lang eingekesselt und danach in Käfigen der Gefangenensammelstelle für mehr als 17 Stunden eingesperrt. Mensch ist geneigt, eine Strategie dahinter zu erkennen: Abschreckung und Einschüchterung. Dabei ist interessant zu beobachten, wie sich die Kölner Schunkelgarde um Fritz Schramma und andere Vertreter_innen der Politik Bratwurst lutschend weit entfernt vom Geschehen abfeierte. Der rassistische Kongress wurde jedoch nicht von ihnen, sondern durch die entschiedenden Aktionen und Blockaden der von Stadt und Staat kriminalisierten Aktivist_innen verhindert.

Diese Art der Repression ist nicht ungewöhnlich und deshalb nicht weiter verwunderlich. Die Hoffnung im Kontakt mit der Lokalpolitik ein autonomes Zentrum in Köln zu realisieren wurde dennoch noch nicht aufgegeben. Oberbürgermeister Roters seinerseits bestätigte auf einer Wahlkampfveranstaltung in den Räumlichkeiten des Kölner Kunstvereins im vergangenen Sommer, als er gefragt wurde, ob er ein autonomes Zentrum in Köln unterstützen würde: „So was braucht Köln!“.

Nun wissen nicht nur die jungen Menschen, die Künstler_innen und Musiker_innen, die Aktivist_innen des Widerstands, die Unangepassten und Rebellieren den, dass auf die Versprechen der Politik speziell im Wahlkampf nicht viel zu geben ist. Zumal die Forderung doch zunächst unverschämt und dreist daher kommt:
„Wir wollen ein ausreichend großes Gebäude, indem sich ein selbstverwaltetes Zentrum für Kunst, Kultur und Politik autonom, also unabhängig von staatlichen und wirtschaftlichen Interessen, entwickeln kann. Wir sehen keinen Grund, warum jemand anderes als die Nutzer_innen und Besucher_innen dieses Zentrums über dieses bestimmen sollten oder weshalb für ein Gebäude, das so genutzt wird, irgendjemandem Miete zu zahlen wäre. Anders sind selbstorganisierte und unkommerzielle Veranstaltungen kaum durchzuführen. Außerdem wollen wir, dass dieses Projekt diesmal von Stadt und Staat akzeptiert wird und nicht ständigerRepression ausgesetzt ist“

Von einem solchen Zentrum profitieren zunächst lediglich die Nutzer_innen des kulturellen, kulinarischen und politischen Angebots, welches so ein Zentrum bieten kann, jedoch bleibt den Nutzer_innen eben auch nichts anderes übrig, als dieses Angebot eigenverantwortlich zu gestalten und überhaupt erst möglich zu machen. Zur Nutzer_in kann jeder Mensch werden, so lange der emanzipatorische Rahmen mit einer Nichtakzeptanz von Rassismus, Sexismus und Homophobie gewahrt wird. Klar ist aber auch, dass das kulturelle Leben einer Stadt eben solche Orte braucht um sich überhaupt entwickeln zu können, so sind es doch nicht die überteuerten und aufgeblasenen Großevents, die das Kulturelle und Politische im Alltag der Menschen bestimmen.

Verwunderlich ist es an sich schon, dass Köln noch immer kein solches Zentrum hat, gab es doch schon seit den 80er Jahren immer wieder Versuche, soziale, autonome oder kulturelle Zentren mit einem ähnlichen Ansatz zu gründen, die jedoch regelmäßig mit Räumung, Abriss oder anderen polizeilichen Maßnahmen erstickt wurden. Andere Städte des Rheinlandes wie Aachen und Mühlheim haben sich schon längst an ihre autonomen Zentren gewöhnt und diese sogar schätzen gelernt, eben weil sie von den Menschen als Bereicherung empfunden werden.

Ungewöhnlich oder gar unmöglich wäre die kostenfreie Bereitstellung eines geeigneten Gebäudes für ein autonomes Zentrum in Köln jedoch keineswegs. Speziell im rechtsrheinischen Köln gibt es seit dem Zusammenbruch der großen Industrie beachtlichen Leerstand geeigneter Gebäude, die im Besitz der städtischen Sparkasse sind. Großzügige Schenkungen der Stadtsparkasse an „Visionäre“ und unwirtschaftliche Projekte gehörten doch in den letzte n Jahren zum kölschen Alltagsgeschehen. Damit meinen wir die viel zitierten Klüngeleien rund um den Messebau, die MMC Filmstudios in Ossendorf und die Oppenheim-Esch Affäre.

Doch ein krudes Versehen kann es nicht gewesen sein, dass die finanziellen Aufwartungen an die unabhängige und unangepasste Kultur und Politik der Stadt schlicht vergessen wurden, geht es doch in Kalk und Deutz weiterhin ums große Spekulationsgeschäft mit dem Leerstand. Sogenannte Masterpläne entstehen, die den rechtsrheinischen Stadtteilen zu neuem verhelfen sollen, sei es nun der neue Biotech Campus, die geplanten Eigentumswohnungen für die vermögende Avantgarde, der Behördenkomplex „Kalkatraz“ am Ottmar-Pohl-Platz oder eben die futuristische Polizeigroßwache in Köln Kalk. Die Menschen wurden natürlich nicht gefragt, ob auch sie nach diesem falschen Glanz gieren. Vergleichbare, geplante Stadtteilentwicklungspläne haben in anderen Städten dazu geführt, dass die Mietpreise explodierten,während dem Großteil der Leute im Bezirk nichts übrig blieb als weiter an den Stadtrand zu ziehen. Auch auf diese prekäre Situation will und kann ein autonomes Zentrum Bezug nehmen. Ein Autonomes Zentrum gibt den Menschen Möglichkeiten an Stelle von weiteren äußeren Zwängen, weil es der Raum für den Versuch von Alternativen zum Bestehenden sein wird.
Dieses öffentliche Kommunique soll an die gegebenen Versprechen der Kölner Lokalpolitik erinnern, Räumlichkeiten für ein Autonomes Zentrum zur Verfügung zu stellen. Es richtet sich aber auch an alle Unterstützer_innen der Kampagne Pyranha und an alle Menschen, denen das Autonome Zentrum eine wahre Herzensangelegenheit ist.

Die Kampagne bittet um Reaktionen aller Art: schreibt öffentliche Antworten, schenkt ein Haus, kritisiert die Kampagne oder werdet einfach unbequem…

FÜR 1,2 ,3 VIELE AUTONOME ZENTREN
IN KÖLN UND ÜBERALL !!!

weitere Infos:  http://pyranha.blogsport.de/