Am Freitag, den 11.05.2012 haben wir von campus:grün eine kleine Protest-Aktion gegen den Hochschulrat gestartet.

Angesichts der Landtagswahlen in NRW am folgenden Sonntag, war es uns ein Anliegen, noch einmal spontan auf unsere Ablehnung dem demokratie-feindlichen Gremium „Hochschulrat“ gegenüber hinzuweisen (mehr zum Hochschulrat am Ende des Textes).

Die einzige Alternative: Hochschulrat abschaffen

Zur Aktion

Angedacht war eine kleine Theaterinszenierung bei der „fein“ gekleidete Menschen den Hochschulrat darstellen sollen und über bestimmte Themen diskutieren.
Bei diesen Themen applaudierte der Rat stets wenn es um „Ökonomisierung der Hochschulen“, „Unternehmerische Mitbestimmung“ o.ä. ging, und war angewidert und ablehnend wenn „Kritische Wissenschaft“, „studentische Mitbestimmung“ oder „demokratische Uni“ die Themen waren.

Nachdem wir kurz nach 12 Uhr frohen Mutes in der Mensa unser Stück angefangen hatten aufzuführen (draußen war es am regnen und außerdem war es Freitag und wir wollten schließlich etwas Publikum haben), kam leider schon nach 5 Minuten der Mensa-Zuständige des Kölner-Studentenwerkes und gab uns anfangs etwas verstimmt, am Ende ganz versöhnlich zu verstehen, dass er solche Aktionen in der Mensa nur nach Absprache dulde. Da das ein durchaus verständliches Argument ist, sind wir dann auch bereitwillig weitergezogen.
Nachdem der kurzzeitig eintretende Stimmungstiefpunkt schnell überwunden war, verlagerten wir unsere Bühne ins Philosophikum und konnten hier ungestört schauspielern.
Während 5 Leute den Rat zum Besten gaben (die diskutierten Themen wurden auf großen Blättern in die Höhe gehalten und laut vorgelesen), versorgten die restlichen 2 interessierte Zuschauer_innen und Vorbeigehende mit Flyern.
Wenn auch leider kein tobendes Publikum unsere Schauspielperformance mit „standing ovations“ feierte, so war die positive Resonanz auf die Flyer doch sehr erfreulich.
Schön war außerdem, dass einige Studierende stehen blieben und Gespräche mit unseren Flyerverteilern_innen anfingen.
Das Freitags recht ruhige Philospohikum bescherte uns nach dem Vorlesungsende um 13.30 Uhr nochmal etwas mehr Publikum, bevor wir gegen 13.50 Uhr dann die Aktion langsam ausklingen ließen.
Alles in allem eine sehr lustige, spontane Aktion, die hoffentlich nochmal die ein oder den anderen dazu gebracht hat seine Wahlentscheidung (auch) mithilfe dieses Themas zu treffen.

Zum Hochschulrat

Wo kommt er her?

Viele Studierende haben vom Thema Hochschulrat noch nicht viel gehört, und wenn dann nur recht Ungenaues. Das ist nicht verwunderlich, agiert der Hochschulrat doch selten in der Öffentlichkeit und hat (scheinbar) mit dem Studienalltag nicht viel zu tun.
Warum aber wird seine Einsetzung von manchen dann als in der „Praxis einen der schwerwiegendsten Eingriffe in unser Universitätssystem; ein Eingriff, der in der 900-jährigen Geschichte der Universitäten seinesgleichen sucht“ (so Theodor Berchem (1998) in seinem Beitrag im Buch Streitfall Hochschulrat. Analysen, Berichte, Dokumentation auf S. 84) dargestellt?
Die Antwort kann natürlich in dieser Kürze nicht erschöpfend wiedergegeben werden, aber auch kurz kann gesagt werden, dass der Hochschulrat ein (wichtiges!!) Puzzlestück in der Wandlung der Universitäten ist, welche u.a. auch durch den Bologna-Prozess vorangetrieben wird.

Was will er?

Von staatlicher (demokratisch legitimierter) Verwaltung und wissenschaftlicher Autonomie (wird im Grundgesetzt garantiert) soll es hingehen zu Steuerung der Universität nach dem Vorbild eines Unternehmens. Der Hochschulrat soll dabei oftmals die Rolle eines „Aufsichtsrates“ übernehmen und die Hochschule an den Interessen aus der Praxis (sprich meist wirtschaftlichen Interessen) ausgerichtet werden. U.a. schlägt sich diese Ausrichtung auch darin nieder, dass Vertreter_innen der Wirtschaft (meist aus Großkonzernen) im Aufsichtsrat sitzen und oftmals den Vorsitz innehaben. In Köln sind die Deutsche Bank und die Bayer AG im Aufsichtsrat, letztere stellt dabei auch den Vorsitzenden.

Zudem soll die „autonomere“ (sprich: entstaatlichete) Verwaltung zu einer größeren Konkurrenz der Hochschulen untereinander führen, da diese nun eigene „Profile“ herausbilden müssen, um Studierende und Professor_innen konkurrieren und ihre gekürzten Budgets zur eigenständigen Verwaltung einsetzen müssen.

Wer steckt dahinter?

Vorangetrieben wurde diese Entwicklung von Anfang an von Institutionen, die sich klar zu Wettbewerb, Konkurrenz und Unternehmertum auch im Bildungssektor bekennen, allen voran die Bertelsmann-Stiftung.

Was kann er?

Konkret unterscheiden sich die Kompetenzen der Hochschulräte erheblich von Bundesland zu Bundesland, in NRW kann er aber den/die Rektor_in, Vizerektor_in und Kanzler_in wählen und abwählen und über die Zielvorgaben sowie den Struktur- und Entwicklungsplan der Universität entscheiden!! Otto Hüther (2009) nennt dies in seinem Text „Hochschulräte als Steuerungsaktuere?“ die „zentrale[…] strategische[…] Entscheidung“ (S.57).

Dabei hat der Hochschulrat u.a. das alte, ehemalig höchste Gremium der Selbstverwaltung der Universität entmachtet (den Senat) sowie erhebliche Verwaltungs-Kompetenzen übernommen, die vorher der Staat innehatte.

Was wollen wir von ihm?

Wie sich bei oben angerissenen Prioritäten schon andeutet stehen Themen wie „Demokratisierung der Uni“ und „studentische Mitbestimmung“, aber auch „Kritische Wissenschaft“ und Fächervielfalt den Zielen des Hochschulrates diametral entgegen.
Wichtig ist dabei, dass es nicht darauf ankommt, ob „gute“ oder „schlechte“ Menschen im Hochschulrats sitzen, sondern, dass die Institution an sich auf den oben genannten Wettbewerb, die Konzentration auf den Mainstream in der Forschung- und Lehre sowie die Diktatur der Verwertbarkeit in den Bildungsinhalten abzielt. Das auf dem Weg dorthin (die manchmal langwierige und „ineffiziente“) Demokratie nur stört ist die logische Folge.

Deshalb unsere Forderung:
Nicht die Besetzung ändern, nicht die Kompetenzen überdenken—abschaffen!!!

Unser aktueller Flyer zu Hochschulrat, den wir bei der Aktion verteilt haben.