Vor 2012 kein Platz für Solarstrom auf dem Kölner Campus
Die Bedeutung von erneuerbaren Energien zur Beschränkung der Erderwärmung wird heute kaum noch bestritten. Universitäten, als wichtige gesellschaftliche Institutionen, beteiligen sich jedoch nur im geringen Maße an der nötigen Energiewende. Die Situation an der Uni Köln ist besonders schlecht – veraltete, energieineffiziente Gebäude und der Bezug von fossiler Energie zeichnen die jetzige Situation aus. Die chronische Unterfinanzierung der Hochschulen hat daran einen erheblichen Anteil. Unis können und wollen es sich nicht leisten, mehr für den Klimaschutz zu tun. Seit nunmehr zwei Jahren bereitet campus:grün auch deshalb den Bau einer von Student_innen finanzierten Photovoltaikanlage (PV) auf einem Uni-Gebäude vor.
Unter dem Namen „UniSolar“ wurde 2007 in Leipzig das erste Projekt dieser Art umgesetzt. Student_innen erreichten dort die Installation einer PV-Anlage auf dem geisteswissenschaftlichen Zentrum. Betreiber der Anlage dort ist das Studentenwerk, doch finanziert wurde sie zu einem großen Teil von Student_innen. Mit fast 70.000€ zahlten sie mehr als ein Drittel der Anlage. Der Betrag setzt sich jedoch nicht aus Spenden, sondern aus Mikrokrediten von 250€ pro Student_in zusammen. Über einen Zeitraum von 10 Jahren erhalten die Kreditgeber_innen neben der jährlichen Tilgungsrate eine Rendite von 4% auf ihre Einlage. Aufgrund des „Erneuerbare Energien Gesetztes“ (EEG) ist die Einspeisevergütung für den Strom auf 20 Jahre festgelegt. Das Risiko für die Student_innen ist daher minimal. Gegenüber Spenden hat dieses Beteiligungsmodell den Vorteil, dass die Student_innen lange in das Projekt eingebunden sind, ihr Geld zurück erhalten und Klimaschutz somit nicht als etwas Kostspieliges erlebt wird.
UniSolar Köln
Ähnliche Projekte entstanden bald in Hannover, Berlin, Karlsruhe und Heidelberg. Heute sind 24 Initiativen im bundesweiten UniSolar-Netzwerk zusammengeschlossen. campus:grün Köln ist ebenfalls vertreten. Im April 2009 fand auch ein Netzwerktreffen in Köln statt. Auf die Umsetzung unseres Projekts müssen wir allerdings noch zwei Jahre warten.
Zentral gelegen, große Dachflächen, wenig Verschattung – die Hauptmensa war von Beginn an unser favorisiertes Gebäude. Im Januar 2009 stellten wir unsere Idee beim Studentenwerk, als Betreiber, und später bei der der Uni, als Besitzerin der Mensa, vor. Bei beiden war die Resonanz groß, die Voraussetzungen für weitere Schritte waren also gegeben. Mit Solar Progress hatten wir ein verlässliches Unternehmen gefunden, das uns beratend zur Seite stand und die Bauplanung übernehmen sollte. Es folgten weitere Gespräche mit Studentenwerk und Uni sowie eine gemeinsame Besichtigung des Mensadachs im Sommer 2009. Beide scheuten jedoch Haftung und Verwaltungsaufwand und wollten deshalb nicht Betreiber der PV-Anlage werden.
Nach monatelanger Betreibersuche wurden wir schließlich fündig: die fairpla.net e.G.. Die Genossenschaft betreibt bereits mehrere Bürger_innensolaranlagen und initiiert mit ihren Gewinnen Selbsthilfeprojekte in Entwicklungsländern. Zusätzlich stellte uns der BUND-NRW-Landesverband bis zu 50.000€ als Einlage in Aussicht. Eine mit 60kWpeak-Leistung wesentlich größere Solarstromanlage hätte damit errichtet werden können. Das Mensadach hätte fairpla.net für einen symbolischen Euro von der Uni mieten können und Student_innen hätten sich mit Anteilen ab 200€ für 20 Jahre an den 200.000€ Gesamtkosten beteiligen können. Die Geduld, die wir in den Verhandlungen mit Studentenwerk und Uni gezeigt hatten, schien sich auszuzahlen.
Doch kurz bevor wir mit dem Werben für Mikrokredite auf dem Campus beginnen wollten, kam die vorzeitige Absage seitens des Studentenwerks. Das Konjunkturpaket II der Bundesregierung sorgt für Geld in den Kassen des Studentenwerks. Konsequenz: Die Mensa wird umgebaut. Wann genau mit der Sanierung begonnen wird, ist jedoch noch unklar. Feststeht, dass „vor 2012 der Umbau nicht abgeschlossen sein wird“, wie uns ein Vertreter des Studentenwerks mitteilte.
Vor allem angesichts der Kürzung der Solarstromvergütung durch die schwarz-gelbe-Bundesregierung (ab Juli 2010 wurde sie um 13%, ab Oktober um weitere 3% gekürzt), wollten wir eine zeitnahe Umsetzung des Projekts. Wir erkundigten uns deshalb nach anderen Gebäuden des Studentenwerks und der Uni. Wir erhielten jedoch für alle Gebäude ein Absage. Entweder Verschattung oder Sanierungsarbeiten standen unserem Vorhaben im Weg.
Energiewende? Bitte nicht in Köln!
Unser vorzeitiges Fazit fällt ernüchternd aus. Was in anderen Städten meist innerhalb eines Jahres umgesetzt werden konnte, braucht in Köln vier Jahre. Zwar wollen wir den Vertreter_innen des Studentenwerks und der Uni nicht ihr Bemühen absprechen, doch stellt sich uns die Frage, ob die Bedeutung des Klimawandels auch schon in Köln angekommen ist. Auf dem neuen Seminargebäude beispielsweise kann keine PV-Anlage installiert werden, da der Architekt ein „Copyright“ darauf hat und nicht möchte, dass es durch Solarmodule „verschandelt“ wird, wohlgemerkt: es handelt sich dabei um ein Flachdach! Schließlich wollten wir wenigstens eine rechtlich unbedeutende Absichtserklärung für die Errichtung der PV-Anlage auf der Mensa aushandeln. Dies hätte den Einstieg in das Projekt in zwei Jahren erleichtert, da wesentliche, bereits ausgehandelte Punkte darin hätten festgehalten werden können. Dies ist ebenfalls nicht gewünscht, da in die Erklärung Uni und Studentenwerk hätten eingebunden werden müssen und dies zu aufwendig sei. Lediglich das Kölner Studentenwerk tut sich mit einer PV-Anlage auf einem Wohnheim der humanwissenschaftlichen Fakultät positiv hervor. Die Anlage stammt allerdings aus den 90ern, seit dem ist nicht viel passiert. Andere Unis sind hier wesentlich weiter. Zum Beispiel bezieht in Hessen ein Großteil der Hochschulen Strom aus erneuerbaren Energien.
Immerhin beachtet die Uni Köln die gesetzlichen Mindestanforderung bei der Sanierung und dem Bau von Gebäuden, wie uns versichert wurde. Viel mehr scheint hier jedoch vorerst nicht möglich zu sein. Es bleibt zu hoffen, dass die Bundesregierung die Solarenergie bis 2012 nicht kaputt gekürzt hat und wir mit der Errichtung des – aus unserer Sicht – wunderschönen solaren Campus beginnen können.
Weitere Infos: www.unisolar-netzwerk.de www.fairpla.net www.solar-progress.de
(von Oliver Tietjen)
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