Ein Diskussionsbeitrag zur Masterplatzsituation an der Universität zu Köln
Kölner Unistudent_innen schimpfen über Fachhochschüler_innen, die Uni über das Land NRW und alle gemeinsam über die Umsetzung des Bologna-Prozesses. Was ist nur bei der Masterplatzvergabe im Sommer 2010 schief gelaufen? Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät Köln, August 2010: Viele Bachelor-Student_innen der WiSo-Fakultät mussten mit Erschrecken feststellen, dass ein Bachelor-Abschluss selbst mit einer Endnote von 1,9 nicht zum erhofften Masterplatz an der lieb gewonnenen Uni reicht. Vor allem Kölner BWL-Student_innen fühlen sich von der Uni im Stich gelassen. Auf 215 Masterplätze im Bereich „Business Administration“ gab es über 1700 Bewerber_innen. So manchem wird jetzt klar, dass die Konkurrenz sich nicht nur aus den eigenen Reihen zusammensetzt, sondern auch Fachhochschüler_innen und Student_innen anderer Unis um die begehrten Plätze buhlen. Die Zunahme der Konkurrenz um die begrenzte Anzahl von Masterplätzen, ergibt sich aus der nationalen Umsetzung des Bologna-Prozesses. Dieser sieht den Bachelor als einen berufsqualifizierenden Abschluss an, welcher den Master nicht zwingend notwendig macht. Student_innen sollen damit schneller in das Berufsleben gebracht werden. Der dadurch entstandene Mangel an Masterplätzen wird deutlich, wenn man die Studierendenanfänger_innenzahlen des BWL-Bachelors und die gleichzeitige Masterplatzsituation vergleicht. Auf etwa 1000 BWL-Bachelor-Studierende, die das Studium an der Uni Köln bisher pro Jahr begonnen haben, kommen nur 215 Masterplätze. Im Zuge des Hochschulpakts II, der ab 2011 mehr Studierendenplätze für Studienanfänger_innen schaffen soll, wird sich dieses Verhältnis in den kommenden Jahren unter Umständen noch verschlechtern. Dies ist ein generelles Problem, meist unabhängig davon, an welcher Fakultät studiert wird. Die Uni ist sich diesem Mangel durchaus bewusst. Stellvertretend betont WiSo-Studiendekan Mellis in einer Stellungnahme auf der Uni-Homepage: „Die Aufteilung der Kapazität auf die Bachelor- und Masterstudiengänge wurde mit dem Ministerium abgestimmt. Sie drückt nicht das Interesse der Fakultät aus, sondern ist Ausdruck der politischen Zielsetzung“.
Während die Uni jegliche Verantwortung von sich weist, haben die Student_innen neben der Uni einen weiteren Sündenbock gefunden. Mitte August konnte man sich die Haltung vieler gefrusteter Student_innen auf einer Diskussionsveranstaltung anhören, welche die Fachschaft WiSo kurzfristig organisiert hatte. FH-Student_innen und Student_innen anderer Unis wurden hierbei als Student_innen zweiter Klasse abgestempelt, die nun den Kölner Student_innen die Plätze wegnehmen. O-Ton: „An Fachhochschulen bekommen die Leute ihre Noten sowieso hinterher geschmissen!“. Wenn ganze Lebensträume zerplatzen, sind solche Reaktionen natürlich menschlich nachvollziehbar, gehen aber gleichzeitig ein Stück an der Realität vorbei. Nur knapp 14% der gesamten WiSo-Masterplätze gingen an FH-Student_innen. Statt sich mit dem Grundproblem, der mangelnden Anzahl an Masterplätzen, auseinanderzusetzen, verliert sich die Kölner Student_innenschaft in einer Diskussion um Schuldige und wie man möglichst vielen „Kölner“ Bachelor-Student_innen einen Masterplatz verschafft. An diesen protektionistischen Gedanken orientiert sich auch der im Studierendenparlament vertretene „Ring Christlich Demokratischer Studierender“ (RCDS) in Köln in einer Pressemitteilung. Eines wird deutlich: Mit einem schützendem Zulassungssystem für Student_innen der eigenen Uni wird sich in Zukunft die Möglichkeit eines Studienplatzwechsels für viele Student_innen noch weiter erschweren. Vergessen sind die Ideen des Kölner Bildungsstreiks, der in den letzten Semestern mit der Forderung „Masterplätze für alle“ auf die Straße zog. Stattdessen werden Auswahlkriterien diskutiert, die möglichst zum eigenen Vorteil ausgestaltet sein sollen. Die Diskussion gipfelt in dem Wunsch der Uni, einen kostenpflichtigen „Tauglichkeitstest“ (GMAT) an der WiSo-Fakultät einzuführen. Die Studierfähigkeit der eigenen Bachelor-Student_innen würde hierbei angezweifelt. Ein komischer Gedanke einer Universität, die sich gerade im wirtschaftswissenschaftlichen Bereich als internationale Spitzenuniversität versteht. Die Universität zu Köln sollte sich unserer Meinung nach eher bemühen, beim Land NRW Rahmenbedingungen einzufordern, die eine höhere Masterplatzanzahl ermöglichen und harte Selektionsmechanismen obsolet machen. Ohne weiteren Druck von Seiten der Student_innenschaft, wird es bei diesem Thema aber in absehbarer Zeit keine deutlichen Verbesserungen geben.
(von Thomas Heise)
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